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Rasseln im Elsass: Eine Klangtradition, die die Zeit überdauert
Entschlüsselung einer althergebrachten Tradition, die Generationen von Elsässern geprägt hat.
Jedes Jahr am Karfreitag und Karsamstag ertönt in einigen elsässischen Gemeinden noch immer der eigenartige Klang von Rasseln. Dieser einst allgegenwärtige Brauch verschwindet immer mehr, doch in einigen Gemeinden unseres schönen Gartens bleibt er lebendig.
Eine Tradition mit tiefen Wurzeln
Die Rassel, ein hölzernes Rasselinstrument, gehört zum immateriellen Kulturerbe desElsass. Dieser Brauch hat seine Ursprünge in der katholischen Tradition und dem Wunsch, religiöse Rituale fortzuführen. Während des Ostertriduums zwischen Gründonnerstag und Karsamstag hören die Kirchenglocken dem Volksglauben zufolge auf zu läuten, da sie sich auf eine Pilgerreise nach Rom begeben. In ihrer Abwesenheit übernehmen die Rasseln die Aufgabe, die Gläubigen zum Gebet und zu Gottesdiensten zu rufen.
Diese Rasseln – im Elsässischen“Ratsch” genannt – wurden bereits im Mittelalter von Kindern bedient, die in Gruppen durch die Dörfer zogen. Was war ihre Aufgabe? Durch die Straßen zu ziehen, um den Tag der Bewohner zu rhythmisieren, den Angelus anzukündigen und an die Gottesdienstzeiten zu erinnern. Diese Tradition diente auch als Vorwand für die Sozialisierung der Jugendlichen und die mündliche Weitergabe bestimmter Gemeinschaftspraktiken.

Rasseln heute: ein lebendiges Echo der Vergangenheit
Während Rasseln früher in fast jedem elsässischen Dorf zu finden waren, sind sie heute weitgehend aus der Klanglandschaft der Region verschwunden. Einige Gemeinden, die an ihrem Kulturerbe festhalten, führen diese Tradition jedoch noch fort. Dies ist insbesondere in Griesheim-sur-Souffel, Dingsheim, Ettendorf, Stutzheim-Offenheim und
Schaffhouse-sur-Zorn, wo Kindergruppen während der zwei Tage vor Ostern weiterhin mit ihren Rasseln in der Hand durch die Straßen ziehen.
In Ettendorf nehmen jedes Jahr etwa 20 Kinder an dieser Tradition teil, die von einigen freiwilligen Eltern betreut werden. Mit ihren Rasseln – hauptsächlich “ratsch” und “belepp” – schlagen sie um 6, 12 und 18 Uhr das Angelusgebet und rufen außerdem am Freitag um 14 Uhr zum Gottesdienst über die Passion Christi. Am Karsamstag verkleiden sie sich und nehmen an der traditionellen Ostersuche teil, ein Brauch, der mindestens bis in die Zeit des Reichslands zurückreicht. Im Jahr 2024 wurden über 200 Eier gesammelt, um ein Riesenomelett zuzubereiten, das in geselliger Runde geteilt wurde.
Auch in Schaffhausen-sur-Zorn ist die Tradition fest verankert. Es nehmen etwa 15 bis 20 Kinder teil, die überwiegend aus der Grundschule stammen und zwischen 12 und 13 Jahre alt sind. Am Karfreitag und Karsamstag gehen sie zu drei Schlüsselzeiten auf Tour: mittags, vor den Gottesdiensten und abends zum Angelusgebet. Die Jüngsten werden von einem Elternteil begleitet, vor allem bei der ersten Tour. Am Ostermontag gehen sie am Vormittag um die Häuser, um Eier und Schokolade zu sammeln.
In diesen Dörfern ist die Weitergabe dieses Brauchs oft das Ergebnis des Engagements lokaler Vereine, Eltern und Lehrer, die sich um die Bewahrung dieses Teils des elsässischen Kulturerbes bemühen. Die Kinder, die von Erwachsenen betreut werden, ziehen mehrmals am Tag umher, markieren die Momente des Gebets und laden die Einwohner ein, sich an vergangene Zeiten zu erinnern.
Die Tradition der Rasseln verkörpert dielokale Identität und zeugt von einer tiefen Verbundenheit mit den kulturellen und religiösen Wurzeln der Region.

Oschtermàndi: Eine Tradition im Niedergang, aber immer noch präsent
Während die Rasseln in Griesheim-sur-Souffel, Dingsheim, Ettendorf, Stutzheim-Offenheim und Schaffhouse-sur-Zorn noch existieren, ist ein anderer Brauch, der mit dieser Zeit verbunden ist, tendenziell am Verblassen: der Häuserumgang, auch“Oschtermàndi” genannt. Früher gingen die Kinder am Ende ihrer Reise mit den Rasseln von Haus zu Haus und forderten eine Belohnung, meist in Form von Eiern, Süßigkeiten oder Geld. Auf diese Weise wollte die Gemeinde den jungen Rasslern für ihren Einsatz danken.
Auch wenn diese Tradition in vielen Gemeinden nachgelassen hat, wird sie in den Gemeinden, in denen das Rasseln noch stattfindet, überwiegend weitergeführt. In Stutzheim-Offenheim findet die Tour am Ostermontagmorgen statt, während sie in Ettendorf am Karsamstag veranstaltet wird. In Schaffhausen-sur-Zorn findet sie ebenfalls am Ostermontag vormittags statt.

Zwischen Sicherung und Weitergabe
Heute stellt sich die Frage, wie die Tradition der Rasseln im Elsass bewahrt werden kann.
Wie kann ihre Weitergabe an neue Generationen gewährleistet werden?
Das Engagement von Schulen, Vereinen und Gemeinden spielt eine entscheidende Rolle. Durch die Organisation von Workshops zur Herstellung von Rasseln, die Sensibilisierung für das immaterielle Kulturerbe und dieEinbindung von Jugendlichen in lokale Veranstaltungen können diese Traditionen am Leben erhalten werden.

Fazit: Ein überfälliges, aber wertvolles Erbe
Auch wenn die Tradition der Rasseln im Elsass nach und nach verblasst, ist sie weiterhin ein Symbol für das kulturelle und religiöse Erbe der Region. Griesheim-sur-Souffel, Dingsheim, Ettendorf, Stutzheim-Offenheim und Schaffhouse-sur-Zorn gehören zu den letzten Bastionen in unserem Gebiet, die diesen Brauch aufrechterhalten, der jedes Jahr ein Echo aus der Vergangenheit erklingen lässt.
Die Rasseln erinnern an dieBedeutung der Verbindung zwischen den Generationen. Ihr rhythmisches Geräusch ist nicht nur ein Ruf zum Gebet, sondern auch ein Signal für das kollektive Gedächtnis: das eines Territoriums, das reich an Bräuchen ist und nur darauf wartet, an künftige Generationen weitergegeben zu werden.

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